2009/06/24

Der neue Riese






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Styria-Boss Horst Pirker schluckt die Moser Holding und will Österreich vor der Mediaprint retten. Doch wer rettet uns vor ihm?


Bericht: Martin Gantner, Michael Weiß

für Falter



Franz C. Bauer argumentiert wie jemand, der es gewohnt ist, in Verhandlungen die eigene Position so lange zu wiederholen, bis sie jeder am Verhandlungstisch als seine eigene bezeichnen würde. Doch in einer Sache scheint sich der Chef der Journalistengewerkschaft im Moment selbst nur bedingt zu glauben: „Wir befinden uns in einer Situation, in der man sich beinahe wünschen muss, dass es einen ebenbürtigen Akteur neben der Mediaprint gibt. Das ist verrückt, schließlich ist der Zusammenschluss von Moser Holding und Styria AG per se nicht wünschenswert.“ So wie dem Bauer geht es derzeit vielen Experten in Österreich: An mehreren Fronten kündigt sich der wohl größte Umbruch in der Medienlandschaft seit mehreren Jahrzehnten an, und keiner weiß so recht, was davon zu halten ist.

Eine große Veränderung betrifft die Quasiübernahme der Moser Holding (Tiroler Tageszeitung) durch die Styria AG (Presse, Wirtschaftsblatt und Kleine Zeitung). Der Zusammenschluss (Arbeitstitel: Regionalmedien Holding AG, siehe Grafik) dürfte aller Voraussicht nach das zweitgrößte Medienunternehmen des Landes nach dem ORF mit einem Umsatz von 707 Millionen Euro und knapp 4530 Mitarbeitern hervorbringen. Dieser Deal wirft unzählige Fragen auf – wie jene, ob am Ende dieser Konzentrationsbewegung nicht mehr, sondern weniger Medienvielfalt stehen könnte. Oder ob es kleinere, regionale Zeitungen wie Oberösterreichische oder Salzburger Nachrichten künftig noch schwerer haben werden, am Anzeigenmarkt neben Mediaprint und der neuen Styria-Moser-AG zu reüssieren. Eine überbordende Marktmacht der Großen könnte es für Kleine immer schwieriger machen, Anzeigen zu verkaufen und Zeitungen zu drucken und auch zu vertreiben. „Das heißt, dieser Zusammenschluss muss zumindest mit Auflagen geschehen – wie Arbeitsplatzgarantien und Sicherung der Medienvielfalt“, sagt Bauer. Oliver Voigt, Chef des News-Verlags sieht das ähnlich: „Wir hatten nach der Fusion von News- und Profil-Gruppe (2001, Anm. d. Red.) ganz klare Auflagen. Es gab etwa über Jahre eine Titelgarantie. Die Frage ist, mit welchen Vorgaben man solch einen Zusammenschluss begleitet.“

Ein Sprecher der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) versichert, dass dieser Aufforderung ohnedies nachgekommen würde: „Es wird geklärt werden, ob es durch den Zusammenschluss zu einer Gefahr für die Medienvielfalt kommen kann oder nicht. Darüber hinaus müssen Styria und Moser nachweisen, dass nach dem Zusammenschluss keine Marktmacht vorliegt.“ Doch bislang haben weder Horst Pirker, Vorstandsvorsitzender der Styria, noch Hermann Petz, Geschäftsführer der Moser Holding, genaue Pläne für die Fusion bei der Behörde eingereicht. Fest steht nur, dass sich die Moser Holding komplett und die Styria nur mit ihren regionalen Aktivitäten in die neue AG einbringen wird. Dennoch werden Petz und Pirker nicht müde zu betonen, dass es sich bei der Übernahme um ein „partnerschaftliches Modell“ handelt, „das offen für weitere Partner“ sei.

Überhaupt geht es Pirker nach eigenen Ansagen um Grundlegendes: In einer Aussendung verkündete er, er wolle „ein glaubwürdiges Gegengewicht zur demokratiepolitisch belastenden Dominanz von Kronen Zeitung und Mediaprint bilden“. In einem Interview mit der Presse ergänzt Petz: „Unser Gegengewicht versteht sich als eine Gruppe selbstständiger Regionalmedien, die alle Seiten zu Wort kommen lässt.“ Auch wenn dies schon in naher Zukunft immer weniger Seiten werden könnten. Schließlich hat Pirker bereits angekündigt, dass alle Unternehmensbereiche auf Einsparungspotenziale hin durchleuchtet werden. Jobs sollen dort eingespart werden, wo es zu Doppelgleisigkeiten kommt. Man werde über den gleichen VW-Polo nicht mehr zwei „Geschichten“ schreiben, sondern künftig nur noch eine. Wie Petz erklärt, ist diese Strategie sogar in der Politik denkbar. Die Medienvielfalt ist in seinen Augen dadurch nicht in Gefahr.

In der Wiener Praterstraße, wo die BWB untergebracht ist, verfolgt man derartige Aussagen sehr aufmerksam: „Alles, was in Richtung Monopol oder Duopol geht, wird von uns genau überprüft werden.“ Doch Pirker und Petz scheinen sich ihrer Sache bereits sehr sicher zu sein. Ihr Argument: Aufgabe der BWB und des Kartellgerichts könne es nicht sein, die weltweit einzigartige Stellung der Krone abzusichern und eine Alternative und Konkurrenz im Bereich der Anzeigen zu verhindern. Bleibt die Frage, ob es Aufgabe des Gerichts sein kann, der Bildung eines ähnlich dominanten, voraussichtlich noch größeren Medienunternehmens als der Mediaprint zuzustimmen.

Einmal waren Petz und Pirker mit ihrem demokratiepolitischen Argument vor dem Kartellgericht schon erfolgreich: Seit April diesen Jahres arbeiten sie im Bereich der Gratiswochenzeitungen eng zusammen. Der sogenannte Gratiszeitungsring deckt fast das gesamte Bundesgebiet ab: 118 verschiedene Titel mit einer Auflage von 3,3 Millionen Stück versorgen wöchentlich vier Millionen Leser mit Nachrichten. Zum Vergleich: Die Krone erreicht am Wochenende rund drei Millionen Leser. Schon im Fall des Zeitungsrings äußerte die BWB Bedenken, dass auf dem Anzeigenmarkt ein Marktteilnehmer zu entstehen drohe, der allen anderen Mitbewerbern weit überlegen sein könnte. Das Kartellobergericht teilte diese Sorge nicht. Der Zeitungsring wurde ohne jegliche Auflagen genehmigt.

Zeitpunkt und Tempo, mit welcher die neue Styria-Moser-AG nun gegründet werden soll, kommen nicht von ungefähr: Petz und Pirker wollen die Fusion offenbar umsetzen, ehe ihnen ihr stärkstes Argument dafür, die marktbeherrschende Stellung der Mediaprint, abhanden kommen könnte. Deren Zukunft ist alles andere als gewiss. Seit Jahren versucht Krone-Herausgeber Hans Dichand seinen Hälfteeigentümer, die deutsche WAZ, aus der Zeitung hinauszudrängen. So nah wie jetzt war er diesem Ziel noch nie. Schon im Herbst könnte die WAZ, der auch knapp die Hälfte des Kurier gehört, die Krone verlassen. Darüber hinaus hat Dichand immer wieder betont, dass ihm die 70 Prozent der Gewinne der Mediaprint, die an die Krone gehen, zu wenig seien. Möglich also, dass sich die „demokratiepolitisch belastende Dominanz“ der Mediaprint bald von selbst erübrigt und Dichand mit der Kronen Zeitung unterm Arm die Mediaprint verlässt. Pirkers Argument verlöre dadurch vor dem Kartellgericht deutlich an Gewicht.

Worum also geht es Petz und Pirker, wenn nur vordergründig um eine Demokratisierung der Medienlandschaft? Andy Kaltenbrunner vom Medienhaus Wien sieht medienökonomische Gründe für den Zusammenschluss: „Die neue Gesellschaft bietet eine zukunftsfähige Perspektive: Moser und Styria verfügen mit Tiroler Tageszeitung und Kleiner Zeitung über stark verankerte regionale Marken, was in Zukunft immer wichtiger wird. Außerdem sind sie im Verbund ökonomisch schlagkräftiger.“ Dass die Styria mit ihrem Vorgehen gleichsam die gesamte Medienlandschaft demokratisiert, sieht Kaltenbrunner etwas sachlicher: „Pirker sollte die Kirche im Dorf lassen. Ob er Einsparungseffekte tatsächlich dazu verwenden wird, um für mehr publizistische Vielfalt und Qualität zu sorgen, ist erst einmal zu beweisen.“ Voigt ergänzt: „Man muss nüchtern sehen, dass mit großen Konglomeraten Meinungsvielfalt nicht automatisch vergrößert wird. Die Meinungsvielfalt kann im Worst Case sogar zurückgehen, wenn Marktteilnehmer miteinander verschmelzen.“

Kaltenbrunner ist davon überzeugt, dass vor allem Salzburger und Oberösterreichische Nachrichten durch den Deal stärker gefordert sind. „Die neue Gesellschaft kann stärker Druck auf den Anzeigenmarkt machen. Der ist ja nicht nur regional.“ Voigt: „Die große Gefahr besteht darin, dass aggressive Anzeigenpreise eingeführt werden. Davon wären nicht nur der News-Verlag, sondern auch die Krone, der ORF und andere betroffen.“ Auch Standard-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann empfindet die geplante Fusion als Gefahr: „Man muss sich fragen, welche Position sich für die Styria als Gesamtunternehmen ergibt. Ich rechne damit, dass die finanziellen Einbußen auch dafür verwendet werden, die Presse bei ihren Angriffen auf den Standard zu unterstützen.“

In den nächsten Jahren werden die Karten in der Medienlandschaft neu gemischt. Davon sind die meisten Branchenkenner überzeugt. Daran, dass sich Eigentümerstrukturen schon bald quer durch die Medienhäuser verändern könnten, zweifelt kaum jemand mehr. Es sind Gerüchte und „unterschiedliche Varianten“, die zurzeit unter Journalisten die Runde machen. Sie reichen von einer neuen Zeitung für Wien bis hin zu einer Übernahme der WAZ-Anteile an der Kronen Zeitung durch den Raiffeisen-Konzern, der ohnehin schon zahlreiche Beteiligungen am gesamten österreichischen Medienmarkt hat. Auch Pirker scheint nicht genug zu haben: Für den Fall, dass die WAZ auch beim Kurier aussteigen sollte, hat er sein Interesse bekundet. Dass ihn Macht nicht interessiert, wie Pirker immer wieder betont, glaubt in der Branche kaum jemand mehr. Christian Rainer, Chefredakteur des Profil: „Ich glaube Pirker genauso wenig wie Dichand, dass ihn Macht nicht interessiert. Über Macht verfügt auch der Styriaboss – und zwar über Marktmacht, die ihm die Möglichkeit gibt, politische Inhalte zu beeinflussen. Das fängt an bei der Frage, ob man Besteuerungsmöglichkeiten in Österreich verändern kann, reicht über die Frage, ob Fusionen ermöglicht werden können, bis hin zur Ausgestaltung von Vertriebssystemen.“ Für die Kleinen wird es jedenfalls schwierig. Bergmann sieht seinen Standard schon jetzt als ein „gallisches Dorf“, das, selbst wenn es wollte, nirgends mehr Anschluss finden wird. „Wo auch? Sollen wir die letzten Reste zusammenklauben?“

bild flickr.com von just.Luc

2009/06/10

Die stille Revolution






Die Notebooks werden zum ständigen Begleiter. Ihre rasante Verbreitung hebt auch die Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit auf

für Falter


Der Mann an der Buchausgabe der Österreichischen Nationalbibliothek zuckt angesichts der genervten Studentin unbeholfen mit den Schultern. „Tut mir leid, aber das Internet muss überlastet sein.“ Die Funkverbindung ist unterbrochen. Das Problem sind die zu vielen Studierenden, die alle gleichzeitig eines wollen: surfen – um zu lernen, um sich abzulenken oder um zu arbeiten. Die Welt dieses Bibliothekars besteht aus Lexika, Signaturen, Zettelkästen und Katalogen, mit Laptops, die ihren Weg ins Internet nicht finden und mit überlasteten Leitungen möchte er möglichst nichts zu tun haben. „Bitte wenden Sie sich an den Informationsschalter. Wir sind hier nur die Entlehnung und Buchrückgabe“, sagt er schon fast flehend.

Ob es dem Bibliothekar nun recht ist oder nicht, die vielzitierte digitale Revolution findet statt. Keine fünf Meter von der Buchrückgabe entfernt, hinter einer Glasschiebetür, kann man inmitten der größten Bibliothek Österreichs beobachten, wie sich unsere Gesellschaft in wenigen Jahren bereits verändert hat, und erahnen, wie sie sich weiter verändern wird: Zur Mittagszeit ist der große Lesesaal voll mit Studenten. Fast vor jedem der 200 Besucher steht ein technisches Gerät: größere Notebooks, mittelgroße Sub-Notebooks und die noch kleineren Netbooks. Daneben das Handy. Über allem das leise Surren der Prozessoren. So oder so ähnlich sehen die großen Bibliotheken der Ersten und Zweiten Welt heute aus – ganz gleich ob in Wien, Paris, Belgrad oder Tokio. Hier treffen Buchdruck- und Computergesellschaft aufeinander.

Noch vor 2004 gab es in der Nationalbibliothek einen eigens abgetrennten kleinen Raum, der ausschließlich für Computertätigkeiten vorgesehen war, erzählt Ingrid Tanzberger vom Informationsschalter. Besucher, die ungestört Bücher lesen wollten, sollten von Computerbenutzern nicht belästigt werden. Jene Spezies Bibliotheksbenutzer ist heute ein Exot, und die Beschwerden über das Laptopsurren und die Tippgeräusche werden seltener. Sogar die Nationalbibliothek selbst hat längst begonnen, ihre Bestände zu digitalisieren. Künftig werden neben historischen Zeitungen, Plakaten und Tonträgern etwa auch die Inhaltsverzeichnisse wissenschaftlicher Sammelwerke und die Webseiten von österreichischen Nachrichtenseiten gespeichert.

Doch Notebook-Besitzer prägen nicht nur das Bild an den Bibliotheken, auch aus Kaffeehäusern, Hörsälen, Zügen oder Parks sind arbeitende Jungunternehmer, vielbeschäftigte Geschäftsleute oder spielende Jugendliche nicht mehr wegzudenken. Rund 70 Prozent der österreichischen Haushalte verfügen über Breitbandanschluss, und knapp 30 Prozent der Bevölkerung nutzen mobiles Internet. Tendenz steigend. Dadurch und durch den raschen technologischen Wandel ist die Wahrscheinlichkeit, dass die kleinen Rechner im öffentlichen Raum noch präsenter werden, ausgesprochen groß. Zwar glaubt das Marktforschungsinstitut Gartner aus den USA, dass die gegenwärtige Wirtschaftskrise auch an der Computerindustrie nicht spurlos vorübergehen wird, dennoch sind die Absatzzahlen nach wie vor enorm: Das Institut rechnet für 2009 mit 257 Millionen verkauften Computern weltweit. Die Hoffnungen der IT-Branche ruhen auf mobilen Endgeräten, also vor allem auf Notebooks und den noch kleineren und deutlich billigeren Netbooks. Gerade Letztere erlebten im Vorjahr trotz oder gerade wegen der kleinen Bildschirmgröße (bis zu zehn Zoll) und des im Vergleich günstigeren Preises (zwischen 300 und 600 Euro) einen regelrechten Boom. Weltweit wurden zwölf Millionen solcher Netbooks verkauft. 2009 könnten es nach Einschätzungen der Experten bereits fast doppelt so viele sein.

Der Traum einer Wissensgesellschaft scheint mit Riesenschritten Realität zu werden. Wissen ist – zumindest in der Theorie – für jedermann jederzeit verfügbar. Doch ist eine Gesellschaft, die ständig kommuniziert, auch gezwungenermaßen eine klügere Gesellschaft? Oder aber macht die Vielzahl möglicher Kommunikationen – E-Mail, Twitter, Foren und Facebook – produktives Arbeiten und somit Wissen immer unwahrscheinlicher und uns selbst zu Knechten eines nie enden wollenden Kommunikationsstroms, dem sich zu entziehen immer schwerer fällt?

Der Blick in einen Hörsaal an der TU Wien bietet eine mögliche Antwort auf diese Fragen. Bereits mehr als die Hälfte der Studenten verfügt über Note- oder Netbook, um sich während der Vorlesungen Notizen zu machen, Unklarheiten zu beseitigen oder einfach nur um zu surfen. Peter Purgathofer lehrt am Institut für Gestaltungs- und Wirkungsforschung an der Technischen Universität Wien. Er weiß, dass ein Notebook allein einen Studenten noch nicht zwingend gescheiter machen muss: „Wir haben festgestellt, dass viele Studenten ihr Notebook mit in den Hörsaal nehmen, in der Hoffnung, es sinnvoll nutzen zu können. Das Problem: Es fehlte bislang an Angeboten, wie das funktionieren kann.“ Er entwickelte daher ein System, das es den Studierenden ermöglicht, in Echtzeit seine Folien öffentlich oder privat zu kommentieren, zu erweitern und später wieder darauf zurückzugreifen. „Das Ergebnis geht meist weit über das hinaus, was in der Vorlesung vorgetragen wurde. Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass es unter meinen Studenten auch Leute gibt, die von dem, was ich gerade vortrage, in manchen Bereichen mehr verstehen als ich, sehr groß.“ Das Wissen eines einzelnen soll so gleichzeitig mit allen Studierenden geteilt werden können. „Der Computer und das Internet haben unsere Art zu lernen bereits radikal verändert. Studenten ahnen heute immer schon, dass Wissen auch abseits des Hörsaals permanent verfüg- und auch abrufbar ist.“

Dabei ist Technologie nicht immer nur ein Segen: Das mobile Büro kann zur echten Belastung werden – zur ständigen Verpflichtung, immer und überall erreichbar zu sein. Die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit, Büro und Zuhause, Off- und Online verschwimmt dabei zusehends. Der Arbeitsplatz ist da, wo Empfang vorhanden und Strom verfügbar ist. Der Arbeitnehmer wird heute an der Schnelligkeit seiner Kommunikation gemessen. Ein moderner Büroarbeiter springt alle drei Minuten zu einer neuen Aufgabe. Die amerikanische Journalistin Maggie Jackson nennt dies „Klima der Ablenkung“, Psychologen sprechen von der „Continuous Partial Attention“: der Unfähigkeit, im Internet zur Ruhe zu kommen. Die Freiheit, sich am Notebook für viele Dinge gleichzeitig entscheiden zu können, wird nicht mehr als Freiheit, sondern als Belastung wahrgenommen. Der User als Getriebener seiner kommunikativen Möglichkeiten. Für viele Menschen, vor allem jene, die den Umgang mit Computer und Internet nicht von Kindesbeinen an gelernt haben, wird es dabei immer schwieriger, mit der Gleichzeitigkeit verschiedener Kommunikationsmöglichkeiten klarzukommen.

Nicht so für den Studenten Stephan Meier, der mit seinem richtigen Namen nicht in der Zeitung stehen will. Er steht in der Garderobe der Nationalbibliothek und steckt gerade sein kleines Notebook in den Rucksack: „Ich habe in den letzten Monaten hier erfolgreich meine Diplomarbeit geschrieben und dabei gleichzeitig so viele Filme runtergeladen, wie es mit meinem Zugang zuhause nie möglich gewesen wäre.“ Das Notebook war sein ständiger Begleiter in die Nationalbibliothek, und die Grenze zwischen Uni und Privatvergnügen verschwand. Es ist eine stille Revolution, meist nur als leises Surren vieler Prozessoren wahrnehmbar. Laut wird sie nur dann, wenn das Netz wieder einmal überlastet ist und vor dem Herren an der Buchrückgabe wütende Laptop-Besitzer stehen.

foto flickr.com von bernd.karrenbauer