Martin Gantner und Barbara Tóth
MAGAZINE Mit "Madonna" aus dem Hause Fellner und "Secret" aus dem News Verlag haben Österreichs Leser ab September zwei Hochglanzillustrierte mehr. "Madonna" richtet sich klar gegen "Woman". Der Kampf am Frauenzeitschriftenmarkt ist eröffnet. Die Welt von Secret existiert derzeit nur im 14. Stock des News-Medientowers am Wiener Schwedenplatz. Im Sommer wurde das Geschoß komplett geräumt, um eine Art Themenpark zu installieren. Wer ihn betritt, soll ein Gefühl für das neue Hochglanzmagazin aus dem Hause News bekommen, noch bevor er die erste Ausgabe in den Händen hält. Secret, das ist also viel schwarzes Glas, zwei weiße und drei schwarze Ledercouchen und lila Orchideenschmuck, dazu mit Stoff bezogene Lampen im Loungelook. Dieser Raum könnte genauso gut eine Hotellobby in New York sein, eine Bar in Paris oder ein Club in Berlin. International, modern - aber auch irgendwie austauschbar.
Nicht nur die News-Medienmanager versuchen derzeit, eine neue Medienmarke mit Gefühlen aufzuladen, wie es in der Werbebranche heißt. Auch in der Redaktion von Österreich, der Tageszeitung der Fellner-Brüder, wird dieser Tage am Image einer Neugründung gefeilt. Madonna soll sie heißen. Ganz in Weiß und Gold gehalten sind die edlen Folder, mit denen für das neue Frauenmagazin Uschi Fellners geworben wird. Nicht von ungefähr erinnert das Design an die erfolgreiche Marke Woman, dem bereits existierenden Heft aus dem News-Verlag, das vor sechs Jahren von Fellner gegründet worden ist.
Madonna, das am 22. September mit einem Kampfpreis von einem Euro erstmals erscheint, ist klar gegen Woman positioniert. Auch Secret, das ebenfalls maßgeschneidert für weibliche Lesegewohnheiten wirkt, aber eher in der Liga von Vogue oder Vanity Fair mitspielen möchte, wird zeitgleich auf den Markt kommen. "Wir erscheinen wenige Stunden oder Tage danach", kündigt Oliver Voigt, Chef der News-Verlagsgruppe, an. Und scherzt: "Der Herbst wird ein bisschen ungemütlich."
Das klingt bewusst untertrieben. Mit Madonna und Secret - das, wie Falter-Recherchen ergaben, in der Endversion übrigens First heißen dürfte (siehe Kasten) - begibt sich der Medienkonkurrenzkampf zwischen der News-Gruppe und der Fellner-Familie auf neues, ungewohntes Terrain. Durch die Fellner-Neugründung Österreich geriet der Boulevard- und Gratiszeitungsmarkt unter Druck, nun ringen beide Verlagshäuser in einer Sparte, die gemeinhin als eine der letzten der Branche gilt, in denen Zuwächse noch möglich sind: im Bereich der Frauenmagazine.
Der Blick über die Grenze nach Deutschland scheint dies zu bestätigen. Horst Röper, Geschäftsführer des Formatt-Instituts in Dortmund, verweist auf die zahlreichen Neuerscheinungen und Relaunches, die der deutsche Medienmarkt im Bereich der Frauenzeitschriften in den letzten Jahren erlebt hat. Der Magazinmarkt in der Bundesrepublik gilt als einer der wettbewerbsintensivsten Märkte weltweit. Frauenmagazine sind in Deutschland die zweitgrößte Sparte nach den Programmzeitschriften. "Ein Wachstum des Anzeigenmarktes ist da kaum mehr möglich. Neuerscheinungen können fast ausschließlich über Umverteilung von finanziellen Mitteln funktionieren", erklärt Röper. Ein Nullsummenspiel also. Das Erscheinen des einen Mediums geht zulasten eines bereits bestehenden, im selben Segment fischenden Titels. Matthias Karmasin, Institutsvorstand an der Universität Klagenfurt, sieht das ähnlich. Auch er glaubt nicht an ein generelles Wachstum des Anzeigenmarktes, sieht aber durchaus Potenzial für Umverteilungen in Österreich. "Neue Frauenmagazine können schon erfolgreich sein. Mit ästhetischer Oberflächenpolitur allein ist es aber nicht getan." Neben der journalistischen Qualität müsse vor allem auch auf die Bedürfnisse der Werbewirtschaft eingegangen werden. "Dieses Schielen auf die weibliche Zielgruppe ist in der Regel weniger redaktionell, als vielmehr ökonomisch motiviert," glaubt Röper.
Wurden Frauen als Zielgruppe bis heute sträflich vernachlässigt? Zumindest Röper sieht das so. Die Verlage hätten sich lange nur an den Haushaltsvorstand gerichtet, der meist männlich war. Ein Bild, das sich in den vergangenen Jahren jedoch zusehends verändert hat. Die deutsche Wochenzeitung Zeit hat auf diese Entwicklung bereits reagiert. Chefredakteur Giovanni di Lorenzo spricht von einer bewussten "Öffnung" bei der Auswahl der Themen, um auch wieder verstärkt für Leserinnen attraktiv zu sein.
Karen Müller, Chefredakteurin der Wienerin, fürchtet sich jedenfalls noch nicht vor der neuen Konkurrenz ab Herbst. "Die Markteintrittskosten sind hoch, und neue Anbieter müssen sich erst das Vertrauen der Kundinnen erarbeiten." Wie viele andere glaubt auch sie, dass die Fellners - wie bereits bei der täglichen Hochglanzbeilage ihrer Tageszeitung Österreich, genannt Life & Style - mit viel Dampf in den Markt fahren werden. Aber auch da, so Müller, "war die Furcht unbegründet".
Wie viel Dampf die Fellners machen, lässt sich im goldverzierten Imagefolder nachlesen, mit dem die Anzeigenkeiler von Madonna für ihre Neugründung werben. 200.000 Leser will Madonna wöchentlich erreichen, 100.000 davon über Abos, 70.000 über den Einzelhandel, 30.000 über den Trafikenverkauf. Eine Seite kostet 11.700 Euro, gleichzeitig ist viel von Rabatten und Kombiangeboten die Rede. Wer das "Bonus-Paket" bucht, bekommt beispielsweise zum Preis von zehn Anzeigen in Madonna fünf gratis und zwei in Life & Style, der Beilage in Österreich, dazu. Zum Vergleich: Wer seine Werbung in Secret platzieren will, muss 6900 für eine Seite bezahlen, wer ein Jahrespaket nimmt, bekommt sie bis zu vierzig Prozent günstiger.
Solche Schnäppchen nähren in der Branche den Verdacht, dass die Österreich-Macher auf diesem Weg für ihre tägliche Magazinbeilage endlich jene Inserate einfangen wollen, die ihnen bis dato fehlten: Kosmetik, Mode und Luxusgüter. "Nach dem - sorry - Flop mit der Österreich-Beilage Life & Style probiert man es jetzt halt mit dem ursprünglichen Woman-Konzept. Nach allem, was ich über Madonna gehört habe, wird es aussehen wie Woman vor fünf Jahren. Eh auch nett, aber halt ein bisserl retro", höhnt Secret-Chefin Euke Frank, die in der Verlagsgruppe News auch Woman führt. Der Konter aus der Österreich-Redaktion ist nicht weniger scharf: "Ich betrachte Madonna als Weiterentwicklung eines Magazins, das ich gegründet habe, nicht als Konkurrenzprodukt zu Woman", meint Uschi Fellner. "Secret bedient eine ganz andere Zielgruppe. Das ist ein sehr kleines Segment, so weit ich das sehe." Eine Kannibalisierung des Anzeigenmarktes fürchtet sie nicht.
Offiziell hat die Gründung von Secret natürlich nichts mit dem Start von Madonna zu tun, inoffiziell wird im News-Medienturm eine andere Strategie ausgegeben: die Sandwichstrategie. In Zukunft soll das eingeführte und breite Woman (verkaufte Auflage nach eigenen Angaben knapp 200.000) den Massenmarkt bedienen, Secret das gehobene Publikum. "Und Madonna muss sich irgendwo dazwischen zurecht finden", hofft ein News-Verlagsmanager. Der hintere Teil der Secret-Nullnummer schaut auch aus wie ein ordentlich aufpoliertes Woman: Zu finden sind der für alle Frauenmagazine übliche Mix aus Kosmetiktipps, Modestrecken und Einblicke in das Leben Prominenter, nur deutlich üppiger inszeniert, auch aufgrund des übergroßen Formats (230 mal 300 Millimeter).
Spätestens im September wird dann auch die Secret-Lounge im News-Tower belebt werden. Anzeigen-, Marketing- und Redaktionsmannschaft sollen einziehen. Letztere braucht am wenigsten Platz: Das, wie Voigt es nennt, "Upscale"-Produkt soll von nur zehn Menschen gemacht werden - und vielen, vielen freien Autoren.
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