2008/06/18

Parteien zwischen den Zeiten

Die Misere rund um die Führungsmannschaft in der SPÖ macht deutlich, was zuvor schon in der ÖVP offensichtlich wurde und noch heute offenbar ist: beide Großparteien kämpfen um ihr Profil, um ihre Zeitmäßigkeit. Beide Parteien versuchen den Spagat zwischen Ideologie und gleichzeitigem Marsch in die viel zitierte politische Mitte. Auf dem Weg dort hin, der Jahre gedauert hat, wurden alte Ideen zurückgelassen, wurde das Primat der pragmatischen Wirtschaftspolitik über die rückständig wirkende soft politics gefeiert - christlich-sozial und sozialdemokratisch, leblose Hüllen an vergangene Zeiten erinnernd.

In der Bundesrepublik ein ähnliches Bild: Die SPD wird links überholt und droht daran zu scheitern. Es hat den Anschein, als gelänge es den einstigen Volksparteien nicht mehr Volk und idealpolitischen Anspruch zu vereinen. Ideologische Trennschärfe fängt heute bei Studiengebühren an und hört bei Eurofightern auf. Das macht nicht unbedingt Appetitt auf mehr. Werner Faymann wird daran nichts ändern, genau so wenig wie Josef Pröll in der ÖVP ändern durfte. Zumindest letzterer darf als personifiziertes Dilemma gelten, das beide Parteien plagt. Den Aufbruch schaffen wollen, doch dabei im Ansatz scheitern (oder gescheitert werden. Was wurde eigentlich aus Prölls Perspektivengruppen?) - die Parole der letzten Jahre auf beiden Seiten.

Noch scheuen sich die Parteien, den Weg von der Mitte nach Außen anzutreten. Außen meint mit einem Fuß in der politischen Mitte, den anderen in streitbarer Sachpolitik. Doch die Zeiten sind günstig, um idealpolitische Konturen zu schärfen. Aber die Regierung scheint das Gegenteil zu machen: Denn Faymann muss als Zeichen politischer Konkordanz gesehen werden, der es bis dato nicht einmal zustande brachte, der ÖVP unangenehm aufzufallen. Für seinen politischen Liebfreund in der ÖVP, den Minister des Gute-Laune-Ministeriums Josef Pröll gilt dasselbe. Nach sechs Jahren Schwarz-Blau, die eine ansatzweise Abkehr von der Konkordanz hin zur Konfliktkultur bedeutete, versucht die Regierung in einer verfahrenen Situation auf Tuchfühlung zu gehen und macht erst wieder Platz rechts überholt zu werden - von BZÖ und FPÖ.

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