2009/02/19
"Böse Dinge weich ansprechen"
© ZEIT ONLINE 19.2.2009 - 13:31 Uhr
Eben kommt Josef Hader von der Berlinale, wo "Der Knochenmann" Premiere hatte. In der Krimi-Groteske, die am Donnerstag in die Kinos kommt, spielt der österreichische Kabarettist einen Privatdetektiv. Zeitgleich startete er mit seinem aktuellen Kabarettprogramm "Hader muss weg" eine Deutschland-Tournee. Ein Gespräch über Jörg Haider, Heimat, weiche Sprache und tiefe Abgründe
bild von kaiser_t
ZEIT online: Ich dachte schon, Sie wären tot.
Josef Hader: Danke. Für die Schlussszene von Der Knochenmann zwischen toten Tierkörpern haben wir auch hart gearbeitet. Sie rochen streng. Das hat den Szenen noch etwas Entschiedeneres gegeben. Man muss aber froh sein, dass es kein Geruchskino gibt.
ZEIT online: Sie spielen an der Seite von Josef Bierbichler, dessen Rolle der ihren gar nicht unähnlich ist. Bierbichler mordet widerwillig Menschen. Sie klären widerwillig Morde auf.
Hader: Das erklärt auch, warum sich beide füreinander interessieren. Es rührt vermutlich von einem gewissen Widerwillen gegenüber dem Leben. Irgendwie sind beide Verbündete.
ZEIT online: Sie schreiben das Drehbuch zu diesen Wolf-Haas-Verfilmungen immer gemeinsam mit dem Regisseur und dem Autor. Wie sieht die Zusammenarbeit aus?
Hader: Am Anfang sitzen wir zusammen, um uns für eines der Bücher zu entscheiden. Dann schreibt jeder eine Drehbuchfassung und die beiden anderen fallen über ihn her. Ein sehr darwinistisches Prinzip. Bis wir hatten, was wir wollten, sind neun verschiedene Drehbuchfassungen entstanden.
ZEIT online: Der Film wurde gerade auf der Berlinale präsentiert und kommt am 19. Februar regulär in die Kinos. Wie nervös waren sie vor der Premiere?
Hader: Nicht sonderlich. Ändern kann man ohnedies nichts mehr. Außerdem war uns das Berliner Publikum beim letzten Mal viel wohlgesonnener als das Publikum in Wien. Insofern muss man sich vor Wien fürchten. Beim Kabarett ist das anders. Auf der Bühne kann man schließlich bis zuletzt noch alles in den Sand setzen.
ZEIT online: Sie sind jetzt zwei Monate mit ihrem Programm Hader muss weg auf Deutschland-Tour. Spielen Sie das Programm anders als in Österreich?
Hader: Ich rede ein bisschen schöner. So verstehen mich die Leute besser. Ich bemüh mich aber, den österreichischen Tonfall beizubehalten. Schließlich ist die weiche Sprache wichtig, wenn man böse Dinge erzählt. Die Leute halten sie dadurch besser aus.
ZEIT online: Sie werden in Deutschland oft als typisch österreichischer Kabarettist wahrgenommen. Was ist daran falsch?
Hader: Dass es eher typisch Ich ist. In Berlin wurden wir oft gefragt, ob der Film typisch österreichisch sei, weil er in einem Keller spielt und weil da unten ungeheuerliche Dinge passieren. Das sind aber Außensichten. Außerdem ist das "typisch Österreichische“ meistens nur eine menschliche Grundeigenschaft. Schwarzen Humor findet man auch in finnischen Filmen oder englischer Comedy.
ZEIT online: Was bedeutet Ihnen Heimat?
Hader: Heimat ist für mich ein sehr enger Begriff. Ein Ort, wo ich aufgewachsen bin oder eine Stadt wie Wien, wo ich viele für mich wichtige Ecken kenne. Die Nation, der Staat hingegen sind Einheiten, die funktionieren sollen, so wie eine Wasserleitung funktionieren soll. Ein aufgeblasenes Nationalbewusstsein versteh ich nicht. Ich freu mich immer sehr, dass wir in einem vereinten Europa leben, zusammen mit all diesen Ländern, die ich so mag.
ZEIT Online: Das österreichische Kabarettduo Stermann und Grissemann löste zuletzt einen Sturm der Entrüstung aus, weil es sich der allgemeinen Verklärung des verstorbenen Rechtspopulisten Jörg Haider nicht anschließen wollte?
Hader: Die totale Verehrung des Jörg Haider kam in erster Linie in Kärnten vor, also in dem Bundesland, in dem Haider Landeshauptmann war. Diese Stimmung war trotz all dieser furchtbaren Ansichten, die Haider hatte, vor allem dem Menschen Haider geschuldet. Es gibt über ihn den Satz: "Jeder Kärntner hat ihm schon die Hand geschüttelt.“ Die haben von keinem anderen Politiker je erlebt, dass ihnen der so nah gekommen wäre. Das war die andere Seite des Populistischen, die Haider auch hatte. Trotzdem fand ich es sehr gut, dass Stermann und Grissemann das Geschehen mit ihrem Auftreten wieder in Relation gesetzt haben. Wie Hans Christian Andersen mit "Des Kaisers neue Kleider schon zeigte: Er hat ja gar nichts an. Haider war betrunken. Er wurde nicht umgebracht. Der Unfall war seine eigene Schuld.
ZEIT online: Fehlt den Österreichern die nötige Distanz zu ihren Politikern?
Hader: Die hat kaum wer. Ich erinnere mich an München, als Franz-Joseph Strauß starb. Die Stimmung war ähnlich, auch wenn die beiden Politiker nicht vergleichbar sind. Gemein war ihnen aber, dass sie sich mehr erlauben durften als andere Politiker. Grundsätzlich glaub ich aber, dass Distanzlosigkeit in Österreich noch besser funktioniert als anderswo. Es gibt bei uns Politiker, die in Deutschland schon längst aus den Ämtern gefegt worden wären aufgrund von Aussagen, die bei uns keine Konsequenzen haben. Der Standard ist bei uns nicht immer westeuropäisch.
Die Fragen stellte Martin Gantner.
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Josef Hader
Josef Hader wurde 1962 in Oberösterreich geboren. Mit Alfred Dorfer schrieb er das Stück Indien, 1994 folgte Privat. Seit 2004 tourt er mit Hader muss weg. Als Schauspieler feierte er Erfolge in den Kino-Adaptionen der Wolf-Haas-Romane Komm, süßer Tod (2000) und Silentium (2004). Auf der Berlinale wurde gerade Der Knochenmann präsentiert. Am 12.2. startete Hader seine Deutschlandtournee mit seinem Programm Hader muss weg
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