2009/07/08

Musikvideos aus Kaffeehaus und Waschsalon

Die Macher von They Shoot Music drehen No-Budget-Videos von in Wien gastierenden Musikern und stellen diese ins Netz


Drei Schweden stehen verloren vor dem Radiokulturhaus in der Argentinierstraße. Peter, Bjorn und John von der gleichnamigen Band haben eine FM4-Session hinter sich und müssen gleich weiter in die Arena, wo sie am Abend ein Konzert spielen. Für die Videos bleibt kaum Zeit. Doch Michael Luger und Simon Brugner sind es gewohnt zu improvisieren. Seit eineinhalb Jahren betreiben sie gemeinsam mit zwei Freunden das Musik- und Geoblog They Shoot Music ( www.theyshootmusic.at).

Die Idee solcher Blogs ist nicht neu: Die Ersten, die ihre Aufnahmen ins Netz stellten, waren Franzosen ( www.takeawayshows.com), es folgten die Wiener Black-Cab-Sessions ( www.blackcabsessions.com) und ähnliche Projekte in Australien und in den USA ( www.pitchfork.com/tv).

Für They Shoot Music werden Musiker, die in Wien Station machen, gefilmt, wie sie fernab von durchinszenierten Musikvideos ihre Songs interpretieren. Als Bühne dient dabei das nächstgelegene Café, ein Waschsalon oder ein Gehsteig in der Argentinierstraße.

Über 70 Filme sind auf der Webseite bereits abrufbar. Auf einer Karte werden jene Schauplätze markiert, an denen die No-Budget-Handkamera-Videos entstanden sind. Zu sehen und zu hören sind etwa: Eva Jantschitsch im Backstagebereich des Porgy & Bess, Vic Chesnutt auf dem Dach der Urania oder Antifolkmeister Dufus in einer Unterführung nebst dem Wiener Wurstelprater.

„Wir wollen die musikalischen Klischees, mit denen Wien verbunden wird, durchbrechen“, sagt Luger. „Daher die Kombination aus Musik- und Geoblogging. Die Stadt wird auf einer musikalischen Ebene abseits von Mozart neu erfahrbar.“ Neben den Videos werden die Schauplätze selbst beschrieben. So entsteht ein Klangporträt Wiens.

Dabei kommt es auch zu berührenden Momenten, etwa wenn Singer/Songwriter Daniel Johnston inmitten eines bis an die Decke angeräumten Comicgeschäfts auf dem Boden sitzt und verschiedene Kisten nach wertvollen Heften durchwühlt. Das sei das Schöne an seiner Tour, erklärt Johnston schelmisch, so komme er in unzählige Comicläden auf der ganzen Welt. Kurz darauf singt der übergewichtige Liedermacher zwischen Super- und Batmanfiguren einen Song mit dem Titel „There Is a Sense of Humour Way beyond Friendship“.

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