2009/08/23

Geschichte einer Wiederkehr







Eine Ausstellung zeigt die wechselvolle Geschichte des jüdischen Sportvereins Hakoah.



für Presse am Sonntag


Dort, wo heute die Israelitische Kultusgemeinde ihren Sitz hat, in der Seitenstettengasse 4, spielte der junge Walter Fantl in seinen wenigen Pausen Tischtennis. Oder er bestieg mit Arbeitskollegen den benachbarten Kornhäuslturm. In diesen seltenen Augenblicken richtete er seinen Blick über das Wien des Jahres 1941 - wenige Meter hinüber zum Morzinplatz, wo das Hauptquartier der Gestapo war, bis tief hinein in die Leopoldstadt, wo Fantl wohnte, ehe er und seine Familie 1942 nach Theresienstadt und später ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert wurden.

Fantl war Schlosser. Er reparierte Wohnungen führender Nationalsozialisten, etwa Alois Brunners - jenes SS-Hauptsturmführers, auf den noch heute eine Belohnung ausgesetzt ist. Der gebürtige Niederösterreicher verlor im Krieg Eltern und Schwester, er überlebte das Vernichtungslager Birkenau, kam zurück nach Wien. Heute, mit 95 Jahren, spielt Walter Fantl wieder Tischtennis. Jeden Dienstag fährt er vom 19. Bezirk zum neu errichteten Sportzentrum der Hakoah in die Leopoldstadt. An jenen Ort, der vor dem Krieg eines der wichtigsten Zentren jüdischen Lebens in Wien war.

Die Geschichte der Hakoah, die im September ihr 100-jähriges Bestehen feiert, ist wie jene Fantls die Geschichte einer Rückkehr. Sie erzählt von einem Verein, der Menschen wie dem Schriftsteller Friedrich Torberg, dem Erfolgstrainer Bela Gutmann oder der Schwimmerin Hedy Bienenfeldt eine sportliche Heimat bot. Die Geschichte wird nun in einer kleinen Dauerausstellung im Hakoahzentrum geschildert. Mit Bildern, Medaillen, Texten wird auf die glorreiche Vergangenheit, die vielen sportlichen und kulturellen Erfolge eingegangen, ihr Untergang durch die Nationalsozialisten 1938 beschrieben und ihre langsame Wiederkehr erzählt, hinauf bis zur jüngsten Vergangenheit und zum Bau des neuen jüdischen Zentrums in der Leopoldstadt.

Zuhause, im Verein. "Es war mein zweites Zuhause", sagt Erich Sinai. "Ich habe den Großteil meiner Jugend hier verbracht." Sinai ist 91 Jahre alt, Ehrenpräsident der Hakoah und einer der wenigen, die die goldene Zeit vor 1938 nicht nur aus Geschichtsbüchern wiedergeben, sondern mit Erinnerungen beleben können. Sinai war dabei. Jeden zweiten Tag stand er auf der Wiese, um Handball zu spielen oder um Fußballern bei Turnieren zuzusehen.

"Immer mehr Vereine hatten den Arierparagrafen eingeführt", erinnert sich Sinai. "Man fühlte sich nirgends mehr wohl." Die Hakoah war so auch Antithese zum NS-Bild des muskelschwachen Juden. Doch nicht nur die Fußballer feierten Erfolge, auch aus anderen Sektionen des Vereins gingen erfolgreiche Athleten hervor: zum Beispiel Fritzi Löwy oder Hedy Bienenfeldt, die 1927 EM-Bronze holten. Oder Judith Deutsch, Kraulmeisterin, die sich 1936 weigerte, an den Olympischen Spielen in Berlin teilzunehmen. Von besonderer Bedeutung war die Ringer-Sektion, allen voran Nikolaus Hirschl, der bei den Olympischen Spielen in Los Angeles zweimal Bronze holte.

Von den 200.000 Juden Wiens überlebten den Krieg nur knapp 6000. Es sollte bis in die 70er-Jahre dauern, ehe der Verein Mitgliederzuwachs erlebte. Heute gibt es rund 600 Mitglieder. Ihre Zahl habe sich mit dem Bau des Sportzentrums nahezu verdoppelt. "Kinder jüdischer Einwanderer werden Sport betreiben wollen. Hier kommen sie mit anderen Kindern zusammen", sagt Hakoah-Präsident Paul Haber. "Das ist eine natürliche Integration. Das Ergebnis werden Wiener Juden sein."

In zwei Jahren werden die Makkabispiele in Wien ausgetragen. Jüdische Sportler aus der ganzen Welt werden sich in verschiedenen Disziplinen messen. "Das ist für den Makkabiweltverband eine Premiere", betont Sinai. "Vor 20 Jahren wäre das undenkbar gewesen."


bild flickr.com von Michelle


über das Bild:


Johanna Deutsch (later Hanni Lux) is the daughter of Theodore and Rachel Ostermann Deutsch. She was born on April 17, 1921 in Vienna, Austria where her father worked for a Swiss firm as a mechanical engineer, and her mother, a graduate of the Vienna University, taught art history and languages. Hanni's older sister, Judith, was born on August 18, 1918. Though the family was not religious, Theodore was a devoted Zionist who refused to enter Germany following Hitler's rise to power in 1933. He and his wife were avid skiers and quite athletic, and their two daughters became competitive swimmers. Since the EWASC (Ester Vienna Swim Club) did not allow Jewish members, the two girls joined Hakoah, a Jewish sports club, in early 1930s. The two girls excelled, winning several competitions. In fact, in 1936 Judith was voted Austria's best athlete of the year and was selected to represent Austria in the 1936 Berlin Olympics. However, Judith and two other Hakoah swimmers resigned from the Austrian team rather than participate in what became a centerpiece of Nazi propaganda. Judith and the other girls were severely punished by the Austrian Sports Federation. They stripped her of all her titles and medals and only restored them late in her life. Her sister Hanni participated in a pre-Olympic torch-bearing ceremony in Vienna as a member of Hakoah. As the Jewish athletes marched by, they were greeted with silence and hostility. After the Nazi take-over of Austria, the Deutsch family moved to Palestine in April 1938. After the start of the war, Hanni joined the British Army's WAAF (the Women's Auxiliary Air Force), where she met her first husband, Jimmy, an officer in the Air Force. Hanni and Jimmy lived in England immediately after the war and then moved to Israel where they lived next door to Judith.

Photo taken July 26 1939.

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