2009/09/02

Ein Parteisoldat als Folterinspektor?

Österreichs Sitz im europäischen Anti-Folter-Komitee wird neu besetzt. Zwei Experten und ein Expolitiker sind nominiert

für Falter

Die ersten Berichte erschienen in den 90er-Jahren, und sie sorgten lange für Schlagzeilen. Es ging um „folterähnliche Vorwürfe“, welche das Anti-Folter-Komitee des Europarats in Straßburg gegen hiesige Gefängnisse und Psychiatrien erhoben hatte. Sie handelten von abenteuerlichen Verhörmethoden und von „inakzeptablen“ Schubhaftbedingungen. Ein Bericht zur aktuellen Lage dürfte Ende des Jahres erscheinen. Der Inhalt ist noch unbekannt.

Gegenwärtig sind es aber nicht die Ergebnisse, die im NGO-Bereich für Empörung sorgen, sondern Personalrochaden rund um das Komitee selbst. Ende 2009 läuft das Mandat der österreichischen Entsandten Renate Kicker aus. Sie war zwei Perioden lang Österreichs Vertreterin in Straßburg und ist heute Vizepräsidentin des Komitees. Ihre Stelle wird neu besetzt. Ein Dreiervorschlag, den Österreichs Europaratsdelegation erstellt hat, liegt nach Falter-Informationen im zuständigen Unterausschuss in Straßburg. Einer der Kandidaten sorgt dabei für Unmut. Neben Walter Suntinger und Julia Kozma, zwei ausgewiesenen Experten, soll auch der einstige Sicherheitssprecher der ÖVP, der Nationalratsabgeordnete Wendelin Ettmayer, auf der Liste stehen. Ettmayer stolperte Anfang der 90er-Jahre über die sogenannte Fact-Finding-Mission, bei der ihm unsittliches Verhalten vorgeworfen wurde. Er legte sein Mandat zurück und arbeitete fortan im diplomatischen Dienst.

Ein Menschenrechtsexperte, der namentlich nicht genannt werden möchte, nennt die Nominierung eine Chuzpe: „Österreich scheint einstige Abgeordnete entsenden zu wollen, wo andere Länder unabhängige und im Monitoring erfahrene Experten entsenden.“ Eine offizielle Ausschreibung und ein Kandidatenhearing, wie vom Komitee empfohlen, haben nicht stattgefunden. Ettmayer, der auch als Botschafter im Europarat tätig war, sieht sich für den Posten dennoch geeignet: „Zeigen Sie mir einen Botschafter, der unabhängiger war als ich. Ich habe mich immer für Menschenrechte eingesetzt.“

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