2008/11/04

US-Wahl: Rüstung gegen Wind






















ZEIT ONLINE 4.11.2008

Die Deutsche Bank emittierte 2007 ein Demokraten- und ein Republikaner-Zertifikat: Rüstungsindustrie gegen Umwelttechnologiesektor. Verloren haben beide.

Der Markt kennt keine Wahlsieger. Er kennt Zertifikate, die gut "performen" und welche die schlecht laufen. In Zeiten der Finanzkrise "performen" praktisch alle schlecht. Die Deutsche Bank hat vergangenen Herbst unter anderen zwei Basket-Zertifikate emittiert – ein Republikaner- und ein Demokraten-Zertifikat. In beiden wurden jeweils Aktien von Firmen gebündelt, die entweder dem Lager John McCains oder jenem von Barack Obama zugeordnet wurden. Ein Duell Gut gegen Böse – unabhängig davon, wie man politisch zu den beiden Kandidaten steht.

Denn im Republikaner-Zertifikat vereinigen sich Tabakindustrie, Rüstungs- und Ölfirmen und auf der anderen Seite, im Demokraten-Zertifikat, Bildungs-, Solar- und Umwelttechnologie-Unternehmen.

Die simple Annahme dahinter: Unter einem Präsidenten John McCain würde es Rüstungsfirmen wie Lockheed und Halliburton oder Ölgiganten wie Exxon Mobil besser gehen als unter einem Präsidenten Barack Obama. Gewinnt letzterer die Wahl, so die Annahme der Analysten, profitieren eher Firmen mit etwas unvertraut klingenden Namen wie SunPower Corp. oder First Solar Inc.

Soweit der Plan. Doch hatte im September 2007 noch kaum jemand die Ausmaße jener Finanzkrise auch nur ansatzweise erahnt, die Monate später die ganze Welt fest im Griff haben sollte. "Wenn der Markt um 30 Prozent in die Knie geht, kann man nicht erwarten, dass die Zertifikate gut performen“, sagt Holger Bosse, Analyst der Deutschen Bank.

Beide Zertifikate haben im vergangenen Jahr an Wert verloren, jenes der Demokraten mehr (gut 20 Prozent) als jenes der Republikaner (knapp 15 Prozent).

Das lag nicht zuletzt an einem entscheidenden Fehler: Die Analysten nahmen an, Präsident Obama werde ein Präsident der Häuslbauer werden und sie taten, was sie hätten vermeiden sollen - sie packten die Aktie der einst so wichtigen Hypothekenbank Fannie Mae mit ins Zertifikat der Demokraten. Jene Bank, die wie kaum eine andere als Sinnbild dieser Krise gilt und die zuletzt knapp 80 Prozent ihres Werts eingebüßt hat.

Bosse erklärt das Vorgehen bei der Auswahl der Aktien im vergangenen Jahr: "Wir haben uns das Spendenverhalten der einzelnen Branchen angesehen und geschaut, welche Politik, welche Programme die beiden Kandidaten vertreten.“

Das Center for Responsive Politics hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Spenden im US-Wahlkampf zu dokumentieren. Ein Blick ins Spendenregister macht deutlich, dass die Wahl der Analysten grundsätzlich schlüssig war: So hatten etwa Organisationen, die sich gegen Abtreibung aussprechen, gemeinsam 530.000 Dollar den Republikanern gespendet, Obama wurden nur 3000 Dollar geschenkt.

Oder Spender, die ihr Geld für liberale Waffen-Gesetze investiert sehen möchten, überwiesen ihr Geld ebenfalls getroster an John McCain denn an Barack Obama. In absoluten Zahlen: Etwas mehr als eine Million Dollar für die Republikaner und nur rund 200.000 Dollar für die Demokraten.

Öl-Giganten wie Exxon Mobile, BP oder Shell entschieden sich bei ihrem Spendenverhalten ebenfalls mehrheitlich für die Republikaner: 20 Millionen Dollar für McCain und nur sechs Millionen Dollar für Obama.

Anders das Bild bei Hedge Fonds, die sich mehrheitlich für Obama entschieden haben: Neun Millionen Dollar für das Obama-Lager stehen fünf Millionen Dollar für das Lager von McCain gegenüber.

Stark nachgefragt wurden weder Republikaner- noch Demokraten-Zertifikat. "Das sind Nischenprodukte“, sagt Bosse. Mit der politischen Gesinnung habe "diese Wahl", die Entscheidung für das ein oder andere Produkt, nichts zu tun, "dahinter steht eine ganz konkrete Erwartung“. Eine Erwartung, die für Anleger jedweden Lagers enttäuscht wurde.

bild www.flickr.com/metropol 21

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